FORSCHUNG - TECHNIK - ENERGIEhttps://www.wiwo.de/technologie/mobilit ... 296-2.htmlHält das Stromnetz dem E-Auto-Boom stand ?Seite 2/4 Reicht der Strom?
Florian Samweber arbeitet bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft, FFE, an Themen wie Strombedarf und Netzstabilität. Er rechnet vor: Es gibt rund 45 Millionen Pkws in Deutschland, die im Schnitt rund 13.800 Kilometer pro Jahr fahren – macht insgesamt 621 Milliarden Kilometer.
Legt man die Energiemenge zugrunde, die ein durchschnittliches E-Auto heute unter realen Bedingungen braucht, lässt sich leicht errechnen, wie viel Strom vollständig e-mobile Deutsche verbrauchen würden: 105 Terawattstunden (TWh), rund 15 Prozent der heute produzierten Strommenge.
Kein Pappenstiel, gewiss; aber unter diesem Mehrbedarf „würde die Stromversorgung sicher nicht zusammenbrechen“, sagt Samweber. Fast die Hälfte der nötigen Energie wird heute schon erzeugt. Sie wird nur nicht gebraucht. Im vergangenen Jahr verkaufte Deutschland 48 TWh Strom ins Ausland.
Wirtschaftsfaktor Elektroauto: Welche Chancen E-Mobilität Deutschland bringt
Wirtschaftsfaktor Elektroauto Welche Chancen E-Mobilität Deutschland bringt
Setzen deutsche Autobauer bald auf Elektroautos, werden tausende Arbeitsplätze verschwinden und Wertschöpfung verloren gehen. Trotzdem sehen Experten Chancen in der E-Mobilität – unter bestimmten Umständen.
von Katja Joho
Das Land verfügt zudem über Reserven, zum Beispiel in Form von Gaskraftwerken. Sie kommen derzeit kaum zum Einsatz, weil Ökostrom bei der Einspeisung ins Netz Vorrang hat, können aber jederzeit reaktiviert werden. Strom wäre, entgegen vieler Bedenken, also ausreichend vorhanden. Die Frage ist nur: Wie viel ist er den Autofahrern wert – und kommt er zur richtigen Zeit genau dorthin, wo er benötigt wird?
Und diese Frage treibt Reiter, den Mann aus der Praxis, ebenso um wie Samweber, den Forscher. Das Elektroauto zu Hause laden wäre für Verbraucher bequem. Anders als öffentliche Ladesäulen verschlingt die Aufrüstung eines Hausanschlusses nicht Tausende Euro. Auch für die Versorger wäre Zu-Hause-Laden die einfachste Lösung. Denn dort kann man die Akkus über Nacht langsam und mit geringer Leistung laden. Die Ladestation in der eigenen Garage hat jedoch einen Haken: „Wenn alle, die um 19 Uhr nach Hause kommen, sofort an ihre Station wollen, wird das nicht gehen“, sagt Samweber.
Elektroautos im Kostenvergleich
BMW
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
BMW i3 Strom 36.150 Euro 598 Euro 47,8 Cent
Mini Cooper S Super Plus 26.600 Euro 542 Euro 43,4 Cent
Mini Cooper SD Diesel 28.300 Euro 519 Euro 41,5 Cent
Quelle: ADAC
Citroën
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Citroën C-Zero Strom 19.800 Euro 433 Euro 34,6 Cent
Citroën C1 Vti 68 Super 13.900 Euro 388 Euro 31,0 Cent
Ford
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Ford Focus Electric Strom 34.900 Euro 665 Euro 53,2 Cent
Ford Focus 1.5 EcoBoost Super 25.500 Euro 618 Euro 49,4 Cent
Ford Focus 2.0 TDCi Diesel 28.100 Euro 623 Euro 49,8 Cent
Hyundai
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Hyundai IONIQ Elektro Strom 33.300 Euro 587 Euro 47,0 Cent
Hyundai i30 1.6 GDI Super 22.630 Euro 562 Euro 45,0 Cent
Hyundai i30 1.6 CRDi blue Diesel 24.030 Euro 548 Euro 43,8 Cent
Kia
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Kia Soul EV Strom 28.890 Euro 526 Euro 42,1 Cent
Kia Soul 1.6 GDI Super 19.990 Euro 529 Euro 42,3 Cent
Kia Soul 1.6 CRDi Diesel 23.490 Euro 539 Euro 43,1 Cent
Mercedes-Benz
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Mercedes-Benz B250e Strom 39.151 Euro 713 Euro 57,0 Cent
Mercedes-Benz B220 4Matic Super 34.076 Euro 773 Euro 61,8 Cent
Mercedes-Benz B220d Diesel 36.521 Euro 728 Euro 58,2 Cent
Nissan
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Nissan Leaf Strom 34.385 Euro 632 Euro 50,6 Cent
Nissan Pulsar 1.2 DIG-T Super 22.290 Euro 574 Euro 45,9 Cent
Nissan Pulsar 1.5 dCi Diesel 22.690 Euro 535 Euro 42,8 Cent
Renault
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Renault Zoë Strom 34.700 Euro 580 Euro 46,4 Cent
Renault Clio TCe 90 Super 16.790 Euro 433 Euro 34,6 Cent
Renault Clio dCi 90 Diesel 20.290 Euro 454 Euro 36,3 Cent
Tesla
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
Tesla Model S 60 Strom 71.020 Euro 1206 Euro 96,5 Cent
Mercedes-Benz CLS 400 Super 63.427 Euro 1198 Euro 95,8 Cent
Mercedes-Benz CLS 350d Diesel 62.178 Euro 1156 Euro 92,5 Cent
Hinweis: Da Tesla selbst keine Autos mit Diesel- oder Benzinmotor verkauft, hat der ADAC zum Vergleich den Mercedes-Benz CLS herangezogen.
VW
Modell Kraftstoff Grundpreis Kosten pro Monat Kosten pro Kilometer
VW e-up! Strom 26.900 Euro 472 Euro 37,8 Cent
VW up! 1.0 Super 14.255 Euro 375 Euro 30,0 Cent
In Deutschland teilen sich 50 bis 200 Haushalte je einen Ortsnetztrafo. Diese verringern die Spannung von 10.000 oder 20.000 Volt im regionalen Verteilnetz (Mittelspannung) auf die 230 Volt, mit der der Strom dann aus der Steckdose kommt. Fast immer fließt dieser Strom heute auf der letzten Meile über Erdkabel in die Häuser. Die Strommenge, die diese Kabel transportieren können, ist begrenzt. So lange, wie heute, nur einige 1000 Tesla, Nissan Leaf und BMW i3 in der heimischen Garage laden, gibt es keine Probleme. Auf deutlich mehr Autos wäre das Niederspannungsnetz aber längst nicht überall ausgelegt.
Deshalb will Reiter nun möglichst schnell wissen, wo die E-Autos in seiner Stadt künftig Strom tanken. Er ist überzeugt davon, dass die Stadtwerke so manche Leitung und Ortsnetztrafos erneuern müssen. „Sonst werden partiell Ladeengpässe entstehen“, fürchtet er. Vor allem in Wohngegenden mit lockerer Bebauung, in denen viele E-Autos auf wenige Häuser kommen – und damit auf einen kleinen Trafo und dünne Erdkabel.
Schnelllader: Schon vier Tesla Supercharger bringen einen Ortsnetztrafo an seine Grenzen. Quelle: dpa
Schnelllader: Schon vier Tesla Supercharger bringen einen Ortsnetztrafo an seine Grenzen.
Bild: dpa
Gibt es alternative Lösungen?
Und so könnte sich bald rächen, dass die Deutschen das Thema E-Mobilität konsequent verschlafen. Viele Stadtwerke haben ihr Netz sogar abgerüstet. In Düsseldorf etwa wurde in den vergangenen 25 Jahren die Hälfte der 5000 kleinen Ortsnetztrafos demontiert, weil die privaten Haushalte immer weniger Strom verbrauchten. Niemand konnte sich vorstellen, dass sich das wieder ändern würde. In den Siebzigern heizten viele mit Nachtspeicheröfen und Durchlauferhitzern, die ähnlich viel Leistung zogen wie eine Autoladestation heute. Dann wurden Hausgeräte immer sparsamer, mit Strom heizte fast niemand mehr.
Und – gibt es alternative Lösungen? „Spannend“ findet Andreas Rimkus, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, die Idee einiger Start-ups, Elektroautos über Nacht an Straßenlaternen zu laden. Allerdings sind die Lampen dazu nicht überall in der Lage. Städte bauen ihre Straßenbeleuchtung seit Jahren auf LED um, die nur ein Zehntel so viel Strom ziehen wie herkömmliche Laternen vor 20 Jahren. Ein E-Auto dort zu laden würde mehrere Tage dauern. „Solche Konzepte können keine leistungsfähige Ladesäuleninfrastruktur in den Städten ersetzen“, sagt Rimkus, der früher als Elektromeister für die Düsseldorfer Stadtwerke die Niederspannungsnetze mit gebaut hat.
Inhalt
Hält das Stromnetz dem E-Auto-Boom stand?
Reicht der Strom?
Wo sollen die Ladestationen stehen?
Was bringt die Digitalisierung?
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